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Beim Dehner-Verdi-Infoblog arbeiten Gewerkschaftsmitglieder und KollegInnen aus unterschiedlichen Bereichen und Märkten mit. Mit unseren Beiträgen wollen wir für mehr Information im Unternehmen sorgen und allen KollegInnen eine Plattform zum Austausch geben.

Sonntag, 17. Mai 2015

FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM THEMA PFLEGE UND BERUF


Rechtliche Infos für Arbeitnehmer

Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf


Am 1. Januar 2015 trat ein Gesetzespaket in Kraft, das die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf verbessern soll.

Das Artikelgesetz bringt wichtige Neuerungen in auch bisher schon bestehende Gesetzen:
Dem Familienpflegezeitgesetz von 2012 und dem Pflegezeitgesetz aus dem Jahr 2008.

Das Gesetz regelt Rechtsansprüche auf Freistellung, Kündigungsschutz und Entgeltfragen zu drei unterschiedlichen Pflegesituationen:
  • Kurzzeitige Pflegeaufgaben mit Freistellung bis zu 10 Arbeitstagen,
  • bis zu sechsmonatiger Freistellung (ganz oder teilweise)
  • Freistellung bis zu 24 Monaten bei Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 15 Stunden

Damit hat sich die Lage pflegender Angehöriger verbessert - durch einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit und die finanzielle Absicherung der kurzzeitigen Freistellung zur Pflege.
Allerdings ist der Sonderkündigungsschutz für pflegende Angehörige zeitlich begrenzt und bei längeren Pflegezeiten kann der Arbeitgeber den Urlaub kürzen.

Pflegebedürftige Angehörige sind:

  • Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern sowie Großeltern
  • Ehegatten, Lebenspartner/-innen und Partner/-innen einer eheähnlichen und lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft
  • eigene Kinder - auch Adoptiv- und Pflegekinder - sowie Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartner/-partnerin
  • Schwieger- und Enkelkinder
  • Geschwister, Schwägerin und Schwager
Die oder der pflegende Angehörige muss nicht im Haushalt des Pflegebedürftigen leben.


Kreis der Anspruchsberechtigten

Anspruch auf kurzzeitige Freistellung haben auch Auszubildende und Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen sind.
Den Anspruch haben Voll- und Teilzeitbeschäftigte, Minijobber und befristet Beschäftigte


Kurzzeitige Freistellung mit Lohnersatzzahlung

Beschäftigte, die in einer akut aufgetretenen Pflegesituation die Versorgung eines Angehörigen organisieren oder sicherstellen müssen, können unabhängig von der Beschäftigtenzahl des Arbeitgebers bis zu 10 Tage der Arbeit fernbleiben. (§ 2 Abs. 1 PflegeZG)

Voraussetzung dafür ist, dass ich die Pflegebedürftigkeit plötzlich und unerwartet ergibt oder gravierend verändert hat und keine andere Person die erforderliche Pflege oder die Organisation der Pflege erbringen kann. Der Arbeitgeber muss nicht zustimmen. Ausreichend ist, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber die Verhinderung sowie deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitgeteilt hat. (§ 2 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG)

Eine Wartezeit gibt es für den Arbeitnehmer nicht. Das bedeutet, dass ein Beschäftigter bereits vom ersten Arbeitstag an von diesen Rechten Gebrauch machen kann.
Der Arbeitgeber kann eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftige des nahen Angehörigen und die Erforderlichkeit der notwendigen Maßnahmen verlangen. (§ 2 Abs. 2 Satz 2 PflegeZG)

Bei der Arbeitsverhinderung im akuten Pflegefall besteht Anspruch auf Lohnersatzleistung, das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a Abs. 3 Satz 1 SGB XI neue Fassung.
Diese Ersatzleistung ist wie das Kinderkrankengeld geregelt und beträgt 70 % des Bruttoentgelts, maximal 90 % des Nettoverdienstes. 
Für die Auszahlung des Pflegeunterstützungsgeldes ist die Pflegekasse oder das Versicherungsunternehmen des Pflegebedürftigen zuständig. Voraussetzung des Anspruchs ist, dass vom Arbeitgeber für die Freistellung keine Entgeltfortzahlung geleistet wird.


Vollständige oder teilweise Freistellung zur Pflege bis zu sechs Monate

Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) räumt den Beschäftigten einen Anspruch auf eine vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit bis zu der Dauer von sechs Monaten zur Pflege ihrer Angehörigen in häuslicher Umgebung ein. Eine Freistellung zur Pflege von minderjährigen Angehörigen ist auch dann möglich, wenn diese in außerhäuslicher Umgebung gepflegt werden.

Der Arbeitgeber muss nicht zustimmen. Eine Wartezeit gibt es für den Arbeitnehmer nicht.
Entgeltfortzahlung ist nach wie vor nicht vorgesehen; im Umfang der Freistellung entfällt der Vergütungsanspruch. Neu eingeführt wurde in das Pflegezeitgesetz ein Anspruch auf ein zinsloses Darlehen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das den Einkommensausfall teilweise abfedern soll.

Der Anspruch auf eine maximal sechsmonatige Freistellung besteht nur bei Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 15 Bechäftigten, Azubis und arbeitnehmerähnliche Personen zählen dabei mit.

Wer Pflegezeit in Anspruch nehmen möchte, muss dies dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn schriftlich ankündigen. In diesem Schreiben sollte erklärt werden, für welchen Zeitraum Pflegezeit beantragt wird und ob der Beschäftigte vollständig oder teilweise von der Arbeit freigestellt werden will.
Will man in der Pflegezeit weiter in Teilzeit arbeiten, muss die Verringerung der Arbeitszeit zwischen dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber schriftlich vereinbart werden.

Für die Freistellung im Rahmen der Pflegezeit ist keine wöchentliche Mindestarbeitszeit - anders als bei der Familienpflegezeit - vorgesehen. Dem Wunsch des Arbeitnehmers nach einer bestimmten Verringerung und Vertreilung der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber entsprechen, es sei denn, dringende betriebliche Gründe stehen dem entgegen. 

Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen nachzuweisen.



Familienpflegezeit: Teilfreistellung bis zu 24 Monate

Das Familienpflegegesetz (FPfZG) regelt den Anspruch auf eine Freistellung zur Pflege oder Betreuung eines nahen Angehörigen in der häuslichen Umgebung für die Dauer von bis zu
24 Monaten.
Nach der neuen Regelung werden die Zeiten der Inanspruchnahme der Pflegezeit und Familienpflegezeit zusammengerechnet, so dass eine Freistellung zur Pflege eines nahen Angehörigen insgesamt 24 Monate betragen kann ( § 2 Abs. 2 FPfZG und § 4 Abs. 1 Satz 4 PflegeZG). 
Auch diese Freistellung bedarf keiner Zustimmung des Arbeitgebers; es ist keine Wartezeit vorgesehen, so dass theoretisch vom ersten Tag der Beschäftigung an die Freistellung in Anspruch genommen werden kann. Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist - ähnlich wie bei der Pflegezeit - durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen.

Dieses Modell setzt aber zwingend voraus, dass neben der Pflege oder Betreuung zumindest im Umfang von 15 Wochenstunden weiter gearbeitet wird. Bei unterschiedlicher Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ist auf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in einem Zeitraum von bis zu einem Jahr abzustellen. Entgeltfortzahlung gibt es auch in dieser Form der Freistellung nicht. Der Einkommensausfall kann durch ein zinsloses Darlehen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben teilweise abgefedert werden.

Wer Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang innerhalb der Gesamtdauer die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch  genommen werden soll. Dabei ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben. Der Anspruch auf eine Freistellung besteht nur bei Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 25 Beschäftigten, Azubis ausgenommen.


Freistellung zur Betreuung minderjähriger Angehöriger

Ein Anspruch auf teilweise oder vollständige Freistellung gilt zudem für die Betreuung minderjähriger, pflegebedürftiger naher Angehöriger. Der Rechtsanspruch gilt auch für die außerhäusliche Betreuung. Voraussetzung ist eine nachgewiesene Pflegebedürftigkeit; eine schwere Krankheit alleine führt nicht zu einem Anspruch auf Freistellung.


Freistellung zur Sterbebegleitung

Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf wurde auch neuer Freistellungstatbestand eingeführt: Eine vollständige oder teilweise Freistellung zur Sterbebegleitung bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten.
Die betrieblichen Voraussetzungen der Geltendmachung des Anspruchs (Zahl der Beschäftigten, Ankündigungsfrist) entsprechen denen der Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 PflegeZG. Das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung, die bereits weit fortgeschritten ist und fortschreitend verlaufen wird sowie unheilbar sein bzw. palliativmedizinische Betreueung erfordern muss, ist durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen.


Besonderer Kündigungsschutz

Pflegende Angehörige genießen während der Zeit der Freistellung nach dem Pflege - und Familienpflegezeitgesetz einen besonderen Kündigungsschutz.
Dieser beginnt mit der Ankündigung der Absicht der Inanspruchnahme der Freistellung, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn der Freistellung und endet mit der Rückkehr aus der Pflege- oder Familienpflegezeit. Der besondere Kündigungsschutz in der Phase der Rückzahlung des Darlehens besteht nicht mehr.


Urlaubskürzung

In den letzten Zügen des Gesetzgebungsverfahrens wurde den Arbeitgebern das Recht eingeräumt, den Urlaubsanspruch eines zur Pflege oder Betreuung eines nahen Angehörigen freigestellten Beschäftigten zu kürzen: Für jeden Monat einer vollständigen Freistellung ist eine Kürzung des Urlaubsanspruchs um ein Zwölftel möglich. Im Rahmen von Familienpflegezeit oder bei einer Teilfreistellung in der Pflegezeit gilt diese Regel nicht.







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